Populismus auch bei uns?

Mein heutiger Beitrag soll ein Licht auf einen Antrag der Fraktion „BVB/ Freie Wähler Ahrensfelde“ werfen. Um die Leser mitzunehmen eine kleine Einordnung vorweg: Aktuell besteht die Fraktion in unserer Gemeindevertretung aus zwei Mitgliedern, Frau Evelyn Freitag und Herrn Patrick Seiler. Bis vor Kurzem war diese Wählergruppe umgangssprachlich noch als „Ahrensfelder Unabhängige“ bekannt.

Zur Sache: Wie im Sommer in einem offenen Brief in Sachen „Transparenz und demokratische Hygiene“ gefordert, sollen wir als Gemeindevertreter sorgfältig die Sitzungsprotokolle auf deren wahrheitsgemäßen Inhalt überprüfen. Und da man Ratschläge per se nicht ignorieren sollte, wartete ich geduldig die Bestätigung des Protokolls der vorletzten Sitzung des Hauptausschusses (diese fand am 4. Oktober 2023 statt) ab, bevor ich diesen Beitrag verfasste.

Worum ging es in dem Antrag der Fraktion „BVB/ Freie Wähler“? Kurz gefasst sollte die Gemeindevertretung innerhalb von zwei Monaten Compliance- Regeln auf der Grundlage der Kommunalverfassung erarbeiten und beschließen, welche präventiv Interessenkonflikte von Mitgliedern der Gemeindevertretung verhindern und so das Vertrauen der politischen Entscheidungsträger nach außen stärken sollen. Compliance, kurz erklärt, bedeutet vereinfacht die Aufstellung und Beachtung von Regeln für zum Beispiel die Wahrung bestehender Gesetze, zur Vorbeugung von Korruption oder eben auch die Aufstellung von Normen im Hinblick auf internen Umgang und Außenwirkung einer Gruppe/ Firma/ Behörde etc..

Wenn ich auch das Agieren der Freien Wähler oft skeptisch und den Umgang der Fraktion mit Verwaltungsmitarbeitern, dem Bürgermeister und Meinungen anderer Gemeindevertreter nicht selten äußerst kritisch bis ablehnend betrachte, hatte ich in diesem Fall an diesem Antrag zunächst nichts zu beanstanden. Offenbar sah das in der Gemeindevertretung nicht nur ich so, denn der Antrag wurde mit großer Zustimmung zur weiteren Beratung in den Hauptausschuss verwiesen.

Die Kommunalverfassung regelt bekanntlich ausführlich Dinge wie Mitwirkungsverbote, Verschwiegenheitsgebote und weitere Pflichten für Gemeindevertreter und so war ich tatsächlich gespannt, mit welchen Vorschlägen Frau Freitag und Herr Seiler jetzt ihren Antrag auf Basis unserer Kommunalverfassung untermauern würden. Klar war uns, dass wir keine neue Kommunalverfassung schreiben können und schon gar nicht Dinge beschließen dürfen, die der Kommunalverfassung widersprechen. Dies wäre nicht nur anmaßend, sondern schlicht rechtswidrig und würde im Nachgang mit Sicherheit durch die Kommunalaufsicht „kassiert“ werden.

Als dann am 4. Oktober 2023 der Antrag im öffentlichen Teils des Hauptausschuss aufgerufen wurde, erhielten die Antragsteller wie üblich zunächst die Gelegenheit, diesen zu begründen. Frau Freitag führte aus, dass es um eben jenes Mitwirkungsverbot gehe, welches in der Kommunalverfassung bereits verankert ist. Weiter erklärte sie, dass sich „zur Wahrung des Scheins jeder fragen müsse, ob er einem Mitwirkungsverbot unterliegt. Die Gefahr durch Sonderinteressen müsse verhindert werden.“ Weitere Vorschläge wurden zunächst durch sie nicht gemacht.

Seltsam, dachte ich und begann mit anderen Gemeindevertretern nachzuhaken:

  • Welche Sachverhalte müssen wir regeln, die nicht in der Kommunalverfassung, insbesondere zum Mitwirkungsverbot, geregelt sind?
  • Welche konkreten Vorschläge macht die Fraktion der Freien Wähler zur Umsetzung von noch mehr Rechtstreue?
  • Wo fehlte es in unserem Kommunalparlament bisher an eben jener Rechtstreue?
  • Wie wollen die Freien Wähler das Thema verbindlich umsetzen, sprich wird die Erarbeitung einer Satzung, einer Richtlinie oder einer gemeinsamen Erklärung vorgeschlagen?

Ich selbst fragte mich auch, wie außerhalb der bereits bestehenden Möglichkeiten dann mit Verstößen gegen die selbst auferlegten Regeln umgegangen werden soll?

Einen konkreten Umsetzungsvorschlag zu all den Fragen gab es in dieser Sitzung von den Freien Wählern nicht. Durch die übrigen Mitglieder „gebaute Brücken“ in Sachen Erarbeitung einer Art von „Ehrenkodex“ wurden von den Antragstellern nicht aufgenommen und auch nicht gegensätzlich erwidert.

Hatten die Freien Wähler erwartet, dass die notwendige Begründung des eigenen Antrages durch die übrigen Gemeindevertreter erfolgt? Oder war dies wieder einmal ein substanzloser Antrag, den man dann lediglich als weiteren Beweis der eigenen Umtriebigkeit öffentlich ins Schaufenster stellen wollte? Spekulierten die Freien Wähler gar auf eine Ablehnung ohne Diskussion, um hinterher wie so oft im populistischem Stil zu behaupten, die Gemeindevertretung verweigert die Zusammenarbeit und das Voranbringen einer an sich guten Sache???

Wenn die einzigen Ideen, die es an diesem Tag doch noch von der Wählergruppe gab, die waren, dass sich:

  • jeder Gemeindevertreter verpflichten kann, Änderungen zu seiner Person mitzuteilen (Welche das sein sollen, haben wir leider nicht erfahren.),
  • alle Mitglieder der Gemeindevertretung an die Kommunalverfassung halten sollen (An was auch sonst?) und
  • sie sich bei „Betroffenheit“ bei Beschlüssen zur Vereinsförderung enthalten sollen (was laut § 22 der Brandenburger Kommunalverfassung bis jetzt nur für Gemeindevertreter welche als Vorstände von z. B. Vereinen agieren, gilt),

muss ich den Freien Wählern leider sagen, dass dieser Antrag mangels fundierter Begründung und fehlendem, echten Inhalt keine Zustimmung der übrigen Hauptausschussmitglieder finden konnte. Ich hätte inhaltlich tatsächlich mehr ernsthaftes Bemühen erwartet als, zumindest war das am Ende nicht nur mein persönlicher Eindruck, lediglich inhaltsleer auf Populismuseffekte zu setzen.

Um aber nicht nur zu kritisieren, sondern konstruktiv mit derartigen Ideen umzugehen, wurde den Freien Wählern die Hand gereicht und die Erarbeitung eines „Ehrenkodexes“ für ihren Antrag vorgeschlagen. Dieses Angebot beinhaltete folgende, konkrete Vorschläge:

  • Als Mitglied der Gemeindevertretung arbeite ich mit den übrigen Mitgliedern der Gemeindevertretung grundsätzlich vertrauensvoll zusammen.
  • Als Mitglied der Gemeindevertretung arbeite ich grundsätzlich mit der Gemeindeverwaltung vertrauensvoll zusammen.
  • Als Gemeindevertreter stärke ich durch mein Verhalten in Ausschüssen, Ortsbeiräten und Sitzungen der Gemeindevertretung das Vertrauen der Bevölkerung in demokratische Prozesse und die hier getroffenen Entscheidungen.
  • Als Gemeindevertreter beteilige ich mich nicht an haltlosen Verdächtigungen, Spekulationen und Mutmaßungen.
  • Als Gemeindevertreter bekenne ich mich jederzeit zur freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und trete innerhalb und außerhalb meiner Mandatsausübung aktiv gegen alle Bestrebungen ein, die sich gegen diese Ordnung richten. Dies schließt ausdrücklich das Bekenntnis zum Artikel 20 unseres Grundgesetzes ein.

Leider war bisher kein Bemühen der Fraktion erkennbar, auf dieses Angebot einzugehen. Warum dies so ist?: Da lade ich die Leserinnen und Leser gerne zu eigenen Gedankengängen ein!

Da der Antrag der Freien Wähler in der nächsten Sitzung der Gemeindevertretung am 20. November 2023 richtigerweise erneut zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung steht, bleibt allerdings abzuwarten, inwieweit man auf die von mir gemachten Vorschläge eingeht. Ich bedaure schon jetzt, berufsbedingt dieses Mal nicht anwesend sein zu können. Ich werde aber natürlich wieder aufmerksam das dazugehörige Protokoll lesen. 😉

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